[Rezension] Morgentau - Die Auserwählte der Jahreszeiten

Angaben:

Titel: Morgentau - Die Auserwählte der Jahreszeiten
Autor: Jennifer Wolf
Genre: Fantasy, Romantik
Seitenzahl: 272
Format: Taschenbuch
Preis: 4,99€
Verlag: im.press / Carlsen
ISBN: 978-3-551-31496-9


Klappentext: "Der Frühling bringt Blumen, der Sommer den Klee. Der Herbst bringt die Trauben, der Winter den Schnee."
Die Erde liegt unter einer Schneedecke. Eis und Kälte herrschen überall, nur ein kleiner Fleck ist noch bewohnbar. Dort lebt Maya Morgentau. Von der Erdgöttin Gaia wurde sie dazu auserkoren, das Gleichgewicht der Natur aufrechtzuerhalten und einen ihrer Söhne für ein Jahrhundert an sich zu binden: den Frühling, den Sommer, den Herbst oder den Winter. Doch hat sie sich für einen entschieden, zahlt sie einen hohen Preis dafür.


TITEL
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Als ich den Titel zum ersten Mal gelesen habe, fand ich ihn ganz nett. Er klingt wirklich schön, schon allein, weil das Wort "Morgentau" eine ganz eigene Poesie mit sich bringt.
Bedenkt man aber, dass es sich dabei vor allem um den Nachnamen der Protagonistin handelt, kommt einem der Titel schon wieder recht unkreativ vor. Zwar wird dem Wort später im Buch noch einmal eine etwas tiefere Bedeutung gegeben, dennoch bleibt er für mich irgendwie fad. Daher drei Punkte.
 
COVER 
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Wenn man das Buch gelesen hat, ist es wirklich mehr als passend. Das Mädchen könnte tatsächlich die Protagonistin sein und selbst die Farbe ihres Kleides hat etwas sehr symbolisches. Im Buch spielt auch ein Kirschbaum eine Rolle, sodass tatsächlich alles stimmig ist und auch noch gut aussieht.
Das Cover strahlt eine große Ruhe aus, was wahrscheinlich an dem gräulichen Unterton in den Farben und der beinahe besonnenen Pose des Mädchens liegt. Auch die tänzelnden Kirschblüten unterstreichen diese ausgeglichene Stimmung.
Weil das Buch aber Drama pur ist und sich das nicht so ganz mit dem Cover verträgt, vergebe ich nur vier Punkte.


INHALT
 
HANDLUNG
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Alle hundert Jahre wählt die Göttin Gaia ein Mädchen aus, welches mit in ihre Welt kommt, um dort einen ihrer vier Söhne zu heiraten. Diese symbolisieren je eine Jahreszeit und leben in Einsamkeit, welche nur durch die Auserwählte für ein Jahrhundert unterbrochen werden kann. Gaias Wahl fällt auf Maya, welche zunächst einige Tage mit allen Söhnen gemeinsam und anschließend mit jedem von ihnen einzeln eine Woche verbringen darf, um sich dann für einen von ihnen zu entscheiden.
Schon zu Beginn fühlt sie sich stark von Nevis, dem Winter angezogen, obwohl dieser eher in sich gekehrt und ihr gegenüber abweisend ist. Aus dem Affekt heraus entscheidet sie sich dennoch für dessen Bruder Jesien, den Herbst. Als Maya klar wird, was sie getan hat, will sie ihre eigene Entscheidung nicht hinnehmen - schnell wird dies zu einem Kampf gegen Gesetzlichkeiten und einer dramatischen Liebesgeschichte.
Die Grundidee ist definitiv neu und sehr interessant, da sie viel Potenzial bietet. Die Autorin kam auch immer wieder mit neuen Wendungen im Plot auf, die nicht alle vorhersehbar waren. Leider ist die Umsetzung nicht ganz so gut gelungen, sodass Spannung sich nur selten aufbauen konnte.
Generell hätten dem Buch ein paar hundert Seiten mehr definitiv gut getan. Es gibt ein viel zu schnelles, teilweise sehr unregelmäßiges Erzähltempo mit vielen Zeitraffern, die einem das Nachvollziehen der Handlung deutlich erschweren. Die Wochen, die Maya bei den Jahreszeiten verbringt, werden beispielsweise auf wenigen Seiten beschrieben, sodass der Leser keine Chance hat, Mayas Empfindungen zu verstehen oder überhaupt die Charaktere wirklich kennenzulernen.
Außerdem entwickelt sich die Beziehung zwischen Maya und Nevis sehr rasant und wird schnell zu einem dramatischen "Ich kann nicht ohne dich leben" aufgebauscht. Es gibt keine expliziten Situationen oder süße Kleinigkeiten, die dem Leser zeigen, warum sie einander plötzlich so sehr lieben könnten. Die einzige Erklärung, die durchgängig geboten wird, ist Liebe auf den ersten Blick.
Wenn man von der Liebesgeschichte absieht und die Welt, in der sie spielt genauer betrachtet, so stößt man auf einige Logikfehler und Ungereimtheiten, zu denen es keine Auflösungen gibt. Nicht alle von ihnen sind wirklich schlimm, hätten aber definitiv leicht verhindert werden können.
Das Ende ist definitiv überraschend. Ich weiß bisher immer noch nicht, ob ich es mögen soll oder nicht, wobei ein solcher Zwiespalt im Leser ja auch etwas Gutes sein kann.
"Morgentau - Die Auserwählte der Jahreszeiten" ist definitiv voller Potenzial, welches sich aber nie wirklich entfalten konnte. Die Umsetzung ist so dürftig und hat mich viel zu oft geärgert, als dass ich mehr als zwei Punkte vergeben könnte.
 
CHARAKTERE
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Dadurch, dass man nie wirklich die Möglichkeit hatte, die Charaktere wirklich intensiv kennenzulernen und sie verstehen zu können, haben sie alle auf mich recht farblos gewirkt und lassen sich in wenigen Worten beschreiben, was ich sehr schade finde.
Maya ist in einem Orden unter Frauen aufgewachsen und hat demnach noch nie wirklich mit einem Mann gesprochen. Sie ist ein sehr liebes und unschuldiges Mädchen, in vielerlei Hinsicht unerfahren, hat kaum andere Eigenschaften. Ihr fehlen eindeutig ein paar Reize, die sie interessant machen könnten, sodass sie ein eher eintöniger Charakter bleibt. Zwar macht sie sich viele Gedanken und hinterfragt auch einige Dinge, handelt aber trotzdem durchweg auf naive Weise. Ich konnte mich zu keinem Zeitpunkt wirklich mit ihr identifizieren.
Nevis hat fast sein gesamtes Leben allein verbracht, wurde lediglich von einem Tiergeist in wolfsform begleitet. Noch nie hatte sich eine Auserwählte dazu entschlossen, bei ihm zu leben und interessiert hatte er sich für die Mädchen bisher auch nicht. Er muss täglich dafür sorgen, dass eine dicke Eisschicht auf dem Großteil der Erde bestehen bleibt. Es gab eine Stelle im Buch, in der er meinte, seine Seele sei nicht für die Ewigkeit gemacht und ich finde, dass ihn das ziemlich gut beschreibt. Er hat einen sehr zerbrechlichen Charakter und Angst, verletzt zu werden. Viel mehr erfährt man nicht über ihn. Das, was einem als seine Geschichte geboten wird, hat ihn für mich auch nicht wirklich greifbarer gemacht.
Überhaupt fand ich es sehr merkwürdig, dass alle vier Jahreszeiten sich sehr jugendlich verhalten, obwohl sie doch schon mehrere hundert Jahre alt sein müssen.
Gaia und Jesien waren die einzigen Charaktere, die ich irgendwie sympathisch fand. Gaia hat etwas sehr mütterliches an sich, ist aber dennoch bestimmt. Jesien kann für Maya unfassbar viel Verständnis aufbringen, ist sehr ehrlich und warmherzig.
Es ist wirklich schade, dass die Autorin viele Szenen und Situationen ausgelassen oder halbherzig behandelt hat, sodass man nie wirklich mit den Charakteren warm werden konnte. Mehr als zwei Punkte kann ich deshalb auch hier nicht geben.
 
SCHREIBSTIL
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Die Geschichte in der ersten Person Singular im Präsens aus Mayas Sicht geschrieben. Jennifer Wolfs Schreibstil ließt sich sehr flüssig, kam mir jedoch auf oft wie eine ausdruckslose Aneinanderreihung von Fakten vor. Es liegt nicht unbedingt daran, dass es keine Ausschmückungen gab, sondern einfach daran, dass viele Worte nicht genügend Aussagekraft besaßen.
An anderen Stellen gab es unfassbar kitschige Beschreibungen von Emotionen oder Nevis' Augen, welche sich wiederum nicht gut in das restliche Textbild eingefügt und mich genervt haben.
Auch die Dialoge wirkten auf mich selten natürlich. Alle Charaktere hatten dieselbe Art zu sprechen: teilweise unnatürlich gewählt und poetisch, teilweise sehr umgangssprachlich.
Weil sich alles dennoch leicht hat lesen lassen, vergebe ich drei Punkte.
 
KAPITELLÄNGE
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Die Kapitel hatten zum Teil sehr unterschiedliche Längen, einige waren sehr kurz, andere unerwartet lang. Trotzdem haben die Aufteilungen Sinn gemacht und waren angenehm. Dass oft viel Zeit in verhältnismäßig kurze Kapitel untergebracht war, hatte ich ja schon oben angesprochen.
Vier Punkte.
 
Eine Leseprobe findet ihr hier.
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